Offenes Zelt
…wofür es steht und was dieser Blog für mich bedeutet…
Die Szene ist eine Bar, irgendwo in Rom im November 2024… Sie schaut mich mit grossen Augen an… «ich habe noch nie jemanden erlebt, der so offen ist wie du!»
…ich hatte ihr eben erzählt, dass es mir gefällt, meiner Frau beim Sex mit einem anderen Mann zuzuschauen… Dass es für uns keine Eifersucht gibt und wir auch gerne Emotionen zu unseren Mitspielern zulassen… Aber auch, dass ich ab und an mit Männern Sex habe… dass ich auch ab und an auf Partys in Frauenkleidung herumlaufe… Fetischpartys besuche… ich habe mit ihr an diesem Abend auch darüber geredet, dass ich manchmal MDMA (Ecstasy) und LSD konsumiere und das sogar gut finde… und wieso…
…dabei hatte ich ständig Gänsehaut. Es fühlte sich gut an so offen zu sein und die Reaktionen bestätigten mich. Sie ist eine Arbeitskollegin… 20 Jahre jünger als ich… mit am Tisch sassen noch zwei Jungs im ähnlichen Alter. Alle waren fasziniert von meinen Ausführungen. Ich war stockbesoffen. Doch tief in mir wusste ich, dass das alles gut war, was da passierte. Und das war es. Aus zwei Gründen:
- Ich merkte, dass ich nicht sterbe, wenn ich blankziehe…
- Mir wurde klar, dass ich mit meiner Offenheit und meiner Geschichte andere Menschen scheinbar inspirieren kann…
…denn in der Beziehung zu meinen Arbeitskollegen hat sich seither überhaupt gar nix verändert. Im Gegenteil. Mit erwähnter Person habe ich weitere, sehr interessante Gespräche geführt und sie hat sich auch mir gegenüber mehr geöffnet. Und das, was ich hier beschrieben habe, war nur eines von vielen ähnlichen Erlebnissen. Mit meiner Offenheit konnte ich schon viele Menschen dazu bringen, sich selbst auch etwas mehr zu öffnen… und zu merken, dass man dadurch nicht zwingend auf Ablehnung stossen muss. Und wenn man auf Ablehnung stösst, ist das dann schlimm? Sind die Menschen, die uns ablehnen, wegen dem, was wir sind, wirklich die Menschen, die wir in unserem Leben brauchen?
Und das hat mich wiederum hierhergeführt. Bereits mit dem Schreiben dieses Blogs begegne ich meiner Angst. Meine Grundangst ist, nicht gemocht, nicht akzeptiert zu werden (das sagen sogar die Persönlichkeitstests wie DISG). Aber ich bin an dem Punkt angelangt, an dem ich für das akzeptiert sein will, was ich wirklich bin. Das fängt vor allem erstmal bei mir selbst an. Ich muss aus dem goldenen Käfig raus, damit man mich wirklich sieht. Und dabei will ich radikal sein. Kompromisslos. Das fängt hier auf diesem Blog an. Dafür steht das offene Zelt.
Das Zelt hält einen trocken, schützt einen rudimentär vor den Elementen. Aber es ist keine dicke Trennmauer mehr da. Keine geistige Kruste, die das Leben draussen hält. Man wird gehört, genauso wie man selbst auch hört. Man kann es zusammenpacken und weiterziehen, genau wie der Geist auch frei sein soll. Nicht in irgendwelchen Wertesystemen, Glaubenssätzen und Weltbildern gefangen sein. Die geben zwar Halt und «Sicherheit»… aber wir wissen alle, dass Sicherheit und Freiheit sich gegenseitig ausschliessen. Sicherheit ist ein goldener Käfig. Frei ist nur, wer sein völlig authentisches Sein lebt. Aber was ist das überhaupt?
Wir bewegen uns von Geburt auf in einem Spannungsfeld zwischen Authentizität und Akzeptanz. Als Säuglinge und Kinder sind wir abhängig von der Liebe unserer Eltern und unserem Umfeld. Und die haben allesamt Erwartungen an uns. Vorstellungen davon, wie wir denn sein müssten. Und so passen wir uns an, kappen die Teile unserer Persönlichkeit, die vom Umfeld nicht akzeptiert werden. Die Schule bringt uns bei, was im Leben wichtig ist. Idole – früher im TV, heute in den Sozialen Medien – formen unsere Idealvorstellungen.
Und so entwickeln wir unsere Persönlichkeit… das Ego… das bedürftige Ding, das aus Gedanken, Gefühlen, Wertvorstellungen und Träumen sowie einem Körper und Beziehungen besteht. Doch das ist nicht unser wahres Wesen. Das ist eine Illusion. Die meisten Menschen leben in dieser Illusion und alles, was diese Illusion in Frage stellt, wird abgewehrt. Genau wie die Kirche alles, was ihre Religion in Frage stellt, als den Teufel betrachtet… und so findet gar keine Auseinandersetzung mehr statt…
Also, welche Erkenntnisse will ich den Menschen mit diesem Blog geben? Wozu will ich inspirieren?
- Dass Authentizität, wenn, dann nur das falsche Leben beendet.
- Dass wir unser authentisches Sein überhaupt erst erkennen müssen. Erinnern.
- Dass wir, um authentisch zu sein, uns selbst zuerst annehmen müssen
- Und – damit ihr immer mal wieder hierher zurückkommt – was Drogen und die Sexualität damit zu tun haben
Ich mache mich auf den Weg… kommst du mit?

An Freunde, Verwandte und Arbeitgeber:
Ich werde hier Dinge schreiben, die euer Bild von mir verändern werden. Dinge, die ich bis vor kurzer Zeit selbst nicht so recht zu akzeptieren vermochte. Doch denkt bitte immer daran; das Bild, das ihr von mir habt, ist immer EUER Bild, ihr malt es selbst anhand von Dingen, die ihr erfahrt, oder vielmehr anhand eurer Beurteilung dessen, was ihr erfahrt. Wir können jederzeit wählen, wer oder was wir sein wollen. Ist es also das Bild, das IHR zeichnen wollt?
Wenn etwas eine starke Abwehrreaktion in uns auslöst, sollten wir gut in uns hineinhören. Es könnte sein, dass diese Abwehrreaktion uns auch vieles über uns selbst offenbart.