Persönlichkeit & Mut,  Uncategorized

Trust the Process…

oder anders gefragt: How many times will you learn the same lesson?

Dieser Blog hat bereits etwas bewirkt. Als ich damit anfing, lag ich gerade krank im Bett und hatte endlich Zeit, in mich hineinzuhören. Davor hatte ich viereinhalb Monate kein THC konsumiert und auch keine Zigaretten geraucht. Dafür war mein Sportler-Ego in seiner vollen Blüte. Jedes Wochenende war ich in den Bergen, oft am Joggen, Krafttraining… Kletterhalle. Dass ich eigentlich bereits seit Februar überlastet war, blendete ich aus. Ein- und Durchschlafprobleme? Dünnhäutigkeit? Erhöhte Ruheherzfrequenz auch nur nach kurzen Anstrengungen? Die Zeichen könnten klarer nicht sein… aber… eingestehen will ich mir das jeweils nicht, das Training muss weitergehen… Der Körper zwingt mich dann mittels einer Krankheit oder Verletzung dazu, mal in mich hineinzuhören. Immer! …ob ich dann verstehe, das steht auf einem anderen Blatt. An dem Punkt hatte ich noch gar nicht verstanden…

Doch kaum hatte ich mit diesem Blog angefangen… Einen neuen Weg eingeschlagen… Etwas angefangen, das Potenzial hatte, zu etwas spannendem zu werden, etwas wobei ich richtig enthusiastisch und begeistert war… passierte das, was immer wieder in solchen Momenten passiert. Das Ego, das Ich, die Persönlichkeitsstruktur… die mögen keine Veränderungen. Die haben Angst davor. Und wie immer, wenn ich Angst habe (nicht, dass mir das in dem Moment bewusst gewesen wäre), tat ich, was ich in solchen Momenten immer tue. Den einen besten Freund anrufen und Gras holen gehen. Das ist der sichere Weg, jegliche Veränderungen in mir zu unterbinden. Ich weiss nicht mehr, welche es war, aber ich hatte auch eine grossartige Begründung gefunden, wieso ich jetzt «mal wieder EINEN Joint» rauchen will… und sollte. Ist immer so, man findet einen Grund. Aber der hat nichts mit dem wahren Beweggrund zu tun, der liegt im Verborgenen. Das war vor drei Monaten.

Aber dennoch, der Blog war eröffnet, das Insta-Profil da… und als ich dann bekifft war, kamen sie alle, die Ängste, die Zweifel. Wen sollte dieser Blog interessieren? Du gibst dir eine Blösse, mit der du dich von allen Seiten angreifbar machst! …und so war dieser Blog da, mit dem ersten und letzten Post irgendwann im Mai… jetzt ist der 19. August…

Und doch, ich weiss, das Leben macht keine Fehler. Nie! Wir… also unser Verstand… begreift das meist erst später irgendwann. In dieser Zeit, von Mitte Mai bis jetzt, ist extrem viel passiert. Und das hätte ich wohl alles nicht wahrgenommen oder verstanden, wenn ich total in meinem Sportler-Ego gewesen wäre… oder hätte anders auf gewisse Ereignisse reagiert… denn auf den wirklichen Weckruf hätte ich, wäre ich noch total mit meinem Sportler-Ego identifiziert gewesen, falsch reagiert. was war denn dieser wirkliche Weckruf?

Timo und ich waren in der Kletterhalle, er hatte kaum die Kraft, sich an den Griffen zu halten. Wir setzten uns mitten in der Halle auf den Boden… ich fragte Timo, ob er denn das Gefühl hat, die geplante Tour aufs Blüemlisalphorn in zwei Wochen, zu schaffen. Er sagte er könne es sich eigentlich gar nicht vorstellen und er hatte fast Angst mir das zu sagen, da es eben mein Traumberg ist. Er erklärte mir auch, dass er oft traurig ist ohne erkenntlichen Grund und oft einfach nur noch schlafen will. Und mir wurde klar, dass es einfach zu viel ist für ihn (und für mich auch)… das nahende Ende der obligatorischen Schulzeit und der Beginn der Berufslehre, die vielen Bergtouren und so weiter… ich kontaktierte Julian, den Bergführer, mit dem wir die Tour geplant hatten. Wir legten das Projekt mal auf Eis und beschlossen mal die nächste Woche abzuwarten und evtl. eine Alternative zu suchen. Timos Stimmung verbesserte sich in den folgenden Stunden und Tagen extrem. Schlussendlich beschlossen wir dann, mit Julian den Mönch (4107m) zu besteigen, was zwar auch keine leichte Tour war, aber kurz und spannend… Mir wurde klar, dass erstens Timo Zeit und Raum braucht und zweitens, dass ich es in meinem Sportler-Ego total übertrieben hatte und es uns fast beiden madig gemacht habe…

Die Tour war der Wahnsinn, Wetter perfekt, Verhältnisse grandios (viel Schnee, dadurch etwas spannender). Konditionell und technisch kein Problem, aber ohne Bergführer hätten wir diese Tour nicht gemacht. Wir kehrten glücklich und erschöpft von der Bergtour zurück. Timo war so happy wie ich ihn schon lange nicht mehr erlebt hatte. Und das an einem Freitag, dem 13. Juni 2025. Am Samstagabend war Timo bei seiner Mutter zum Essen… Lily und ich hatten etwas Nasenkaffee genommen, waren angeregt am Diskutieren, die Stimmung war grossartig… da kam Timo nach Hause und gesellte sich zu uns in den Garten. Da geschah es… auf einmal rückte Timo damit hervor, dass es etwas gibt das er uns schon lange sagen will, sich aber bisher nicht getraut hat. Wofür er sich etwas schämt. Er hat einen Traum. Seit Jahren hat er diesen Traum schon. Er hat uns das in Textform eröffnet, in einem Text, den er auf seinem Computer geschrieben hatte. Ein grossartiger Text. Ich wusste, dass er je länger je mehr ein Gespür und auch Freude für die Sprache entwickelt. Doch dieser Text war wahnsinnig gut geschrieben. Und darin stand auch, dass meine Idee mit diesem Blog und meine Vision ihn dazu inspiriert haben. Inspiriert dazu, seine Träume zu leben. Dazu zu stehen. Über die damit verbundenen Ängste und Unsicherheiten zu sprechen. Der Blog hatte damit schon das höchste mögliche Ziel erreicht. Nach einem Blogpost. Ich klopfe mir auf die Schulter… und Timo eröffnet mir, dass das Bergsteigen für ihn etwas an Stellenwert verloren hat. Und ich fand das einfach nur ok.

Die Stimmung im Haus verbesserte sich, Timo genoss den Abschluss seiner obligatorischen Schulzeit mit seinen Freunden, wir verbrachten wunderschöne Ferien in Rimini. Und als wir von Rimini zurückkehrten, kam von Lilys Eltern die Nachricht, dass Lilys Eigentumswohnung wieder frei wird. Die Wohnung gehört Lily, ihre Eltern haben aber noch Wohnrecht und somit obliegt ihnen Nutzen und Schaden aus dieser Wohnung. Diese Wohnung würde uns rund CHF 2500 im Monat weniger kosten als unser aktuelles Haus, das wir ohnehin verlassen wollen… Zum einen weil wir Pläne haben (PCT und so), die grössere Einsparungen notwendig machen – ich aber nicht mehr arbeiten oder meinen Lebensstandard einschränken will… und uns zum Anderen der Aufwand, den dieses Riesenhaus mit sich bringt, verleidet ist.

Ich könnte also sowohl das notwendige Geld für meine Reise und alles drum herum ansparen, ohne meinen Lebensstil einzuschränken und ohne mein Arbeitspensum wieder zu erhöhen UND dazu könnte ich sogar Timos Traum finanziell unterstützen… und das nicht zu knapp. Und für Lily wäre der Schritt auch super, da sie so in ihrer Selbstständigkeit weniger Druck hätte. Leider ist die Wohnung an einem Ort, an dem man nicht unbedingt wohnen will. Trotzdem, wir haben uns dafür entschieden. Es war kein leichter Entscheid, aber wir freuen uns darauf, weil wir Freiheit gewinnen. Und auch Timo sieht für sich den Nutzen, auch wenn er traurig ist weil er seine Freunde weniger spontan treffen können wird.

Vorletztes Wochenende war die Streetparade, eigentlich das Jahreshighlight für Lily und mich. Wir verbringen immer das ganze Wochenende von Freitag bis Sonntag in Zürich. Gehen gut essen, ziehen durch die Bars und am Samstag tanzen wir vom Start der Parade um Mittag bis in die frühen Morgenstunden, zum Schluss im Club, durch. Und es WAR das Jahreshighlight, der emotionale Klimax, ein Befreiungsschlag, ein Auftauchen aus dem Schlaf. Und ich hatte keinen Bock mehr zu rauchen… oder zu kiffen… Schon in den Wochen davor hörte ich immer wieder auf zu rauchen und zu kiffen… nur um sogleich wieder damit anzufangen. Drei Monate war ich dem Zeug wieder ausgeliefert. Doch was ich rückblickend feststellen musste; es war richtig so!

Ok, das braucht jetzt eine Erklärung… was hat das Kiffen mit mir gemacht? Es hat mich ruhiger gemacht… es hat mich passiver gemacht… träger, ja fast lethargisch. Tut es immer. Heisst; ich jage weder Partys hinterher, noch verrenne ich mich in sexuellen Spielereien, die jeweils meine Persönlichkeit bestimmen… und ich fange auch nicht an, mich mit dem Sport zu identifizieren. Und insgesamt werde ich – emotional – durchlässiger, weicher, verständnisvoller… sowohl mir selbst gegenüber als auch den Menschen in meinem Umfeld gegenüber. Es schaffte also gewissermassen Raum… so doof es auch klingen mag… Raum für alles, was Raum brauchte, für das was erkannt, angeschaut und verstanden werden wollte. Das Streetparade-Wochenende war der Höhepunkt, das Feuerwerk, das alle Ketten und Mauern sprengte. Nach der Parade hatten wir noch Gras übrig, das rauchten wir noch und die Zigaretten begleiteten mich noch bis Dienstag, die waren noch etwas verbunden mit den schönen Erinnerungen ans Wochenende. Doch schon im Laufe des Dienstags wurde mir klar, dass ich sogleich aufhören würde. Mein Bedürfnis zu rauchen oder zu kiffen war wie weggeblasen. Ich brauchte es nicht mehr und liess es einfach sein. Keine Lust darauf, kein Verlangen… aber auch keine Nervosität, keine Reizbarkeit, kein Craving. Tiefenentspannt und zufrieden. Das ist jetzt 11 Tage her. Gestern waren wir in der Stadt und haben nicht wenig getrunken – DER Trigger für die Rauchlust… aber… kein Gedanke daran. Und die Lust zu schreiben ist zurück und mit ihr tausend Ideen für neue Texte.

Die Lektion: Das Leben macht keine Fehler! Nie!

…und wenn man mal aufhört die innere Leere krampfhaft zu füllen in dem man irgendwelchen Zielen oder Idealen hinterherrennt… oder das Gefühl hat dies oder das oder so und so sein zu müssen… wenn man diese Leere einfach mal zulässt… erkennt man, dass diese Leere eigentlich Raum ist, Raum, in dem so vieles möglich ist. Raum, in dem alles Platz hat… Und aus Bedürfnissen werden Vorlieben. Leicht, spielerisch, genussvoll…

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *